Warum ist dieses Wissen wichtig? Wir wissen bereits, dass bei ähnlichen Sequenzen auf ähnliche Struktur zweier Proteine geschlossen werden kann. Auf diesem Paradigma beruht ein ganzes Teilgebiet der Bioinformatik: Compararative modelling oder homology modelling macht sich zunutze, dass die Struktur stärker konserviert ist als die Sequenz. Ist von einem Protein die Struktur gekannt und ist dessen Sequenz hinreichend ähnlich zu der des Proteins, dessen Struktur vorhergesagt werden soll, so kann dieses Strukturgerüst als Vorlage dienen. Im Folgenden wollen wir einige der state-of-the-art Programme nutzen, um auf die geschilderte Art eine Proteinstruktur zu modellieren.

Bezug Diese Übungen ergänzen das Kapitel 20 "Vorhersage der Protein-3D-Struktur, Proteindesign und Moleküldynamik".
Eine Alternative zu diesen "klassischen" Verfahren ist das auf deep-learning-Netzen beruhende AlphaFold. Für diesen Ansatz ist bisher kein Server verfügbar, allerdings gibt es eine Datenbank mit bereits berechneten Modellen.
 

Lernziel

Nach dem Bearbeiten der Übung sollten Sie 
  • Server zur Vorhersage von Proteinraumstrukturen kennen,
  • deren Ergebnisse weiterverwenden, bewerten und vergleichen,
  • Möglichkeiten und Grenzen der Verfahren benennen können.


Es wird vorausgesetzt, dass Sie die Übungen zur Visualisierung von Protein-3D-Strukturen bereits bearbeitet haben.

Mit diesen Übungen lernen Sie einige der öffentlich zugänglichen Server kennen.
Übung Env_1
   
  Es ist wichtig, zu verstehen, dass die lokale Umgebung (das Environment) der Residuenpositionen häufig nur bestimmte Aminosäuren zulässt. Diese Einschränkungen werden in Ansätzen wie Modeller oder Verify-3D genutzt, um das Design zu steuern bzw. um die Qualität von Modellen zu bewerten. Mit der folgenden Übung können Sie diese Idee nochmals rekapitulieren.
 
Ein Kriterium für die Vergabe von Scores im Environment ist das Vorkommen der Aminosäuren in den Sekundärstrukturelementen. Ein sehr frühes Verfahren zur Vorhersage der 2D-Struktur war das von Chou und Fasman eingeführte.
 
Vergleichen Sie die Scores aus den Environment-Klassen mit denjenigen, die Chou und Fasman zur Vorhersage der Sekundärstruktur eingeführt haben.
   
 

Studieren Sie insbesondere die Scores von Phe, Glu und Lys in beiden Matrizen. 

Weshalb wurden diese Aminosäuren ausgewählt? Hängen die Scores eher von der 2D-Struktur oder dem Environment ab?

Worauf führen Sie die Scores für die genannten Aminosäuren in den Environment-Klassen zurück?
Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse mit den Aussagen zur Vorhersagegenauigkeit der Chou-Fasman-Methode. Diese wird allgemein mit 50-55% pro Residuum angegeben.

   
Übung HomMod_1, Homologiemodelle berechnen
   
  Hier folgt eine Sequenz, für die im Rahmen eines Genomprojektes der Faltungstyp TIM-Barrel-Fold vorhergesagt wurde. Zu dieser Sequenz haben wir bereits in Übung 2D_PROT_1 die Sekundärstruktur vorhersagen lassen.

Nun wollen wir per Homologiemodellierung eine 3D-Struktur generieren.

 
>putative_tim_barrel
maatktfgvd aikeaiscgi taigenrvqe lmekyphlkg qvdfhfighl qtnkvkyiid
kvklvhsldr eklaeeidkr akqkgiimdc lievnigged tkfgispeem hnlvkkleky
dnikikglmt iapylppeev rpyfkrmrel fedlkrinqr nveaqylsmg msndywvave
eganivrigt aifgerr
 
 
Lassen Sie sich ein Homologiemodell berechnen.
 
Alternative
Ansätze

Ziehen Sie für die Berechnung die folgenden Server in Betracht:

  Die Ergebnisse werden häufig per Mail zugeschickt. Je nach Auslastung der Server müssen Sie möglicherweise länger auf die Vorhersagen warten. Hier finden Sie eine Vorhersage von Phyre.
 

 

Hinweise

Speichers Sie die Datensätze lokal ab.
Lassen Sie sich mehrere Modelle generieren und analysieren und vergleichen Sie diese unter Verwendung von PyMOL.

Betrachten Sie die vorhergesagten Strukturen. Beantworten Sie bitte die folgenden Fragen:

Können Sie ein (βα)8-Fass erkennen?

Sind die Modelle alle vollständig?

Superpositionieren Sie einige Modelle, um Unterschiede der Ansätze herauszuarbeiten.

Häufig liefern die Server neben der Struktur weitere Ausgaben. Interpretieren Sie diese. 

   
Übung HomMod_2
   
  Ein kritischer Schritt beim Berechnen von Homologie-Modellen ist das Anlegen der Alignments. Hier gilt das Programm HHsearch als im Moment führend. HHpred ist eine Kombination aus HHsearch and Modeller, einem der anerkannt guten Homologiemodellier-Programme.

Einen Server, der HHpred anbietet, finden Sie am MPI in Tübingen.
   
Voraussetzung Wenn Sie ein Homologiemodell berechnen wollen, müssen Sie sich eine Modeller-Lizenz besorgen.
  Ohne Lizenz können Sie zumindest ein Alignment berechnen und dieses mit denjenigen aus der Übung HomMod_1 vergleichen. Sie können auch mit dem Modell weiterarbeiten, das mit Modeller berechnet wurde und unten angegeben ist.

Überlegen Sie sich, welche Parameter Sie jeweils wählen und protokollieren Sie diese.
   
 
Errechnen Sie unter Verwendung von HHpred ein Alignment und (wenn möglich) ein Homologie-Modell.



Übertragen Sie zunächst per copy&paste die oben angegebene Sequenz in das Eingabefenster von HHpred.

Wählen Sie eine Datenbank aus, die aus der PDB abgeleitet wurde.

Starten Sie die Suche durch Klicken auf Submit. Nun wird der Auftrag in eine Warteschlange gestellt. Nach Berechnung wird die Ausgabe präsentiert.
Sehen Sie sich im unteren Teil der Ausgabe das Alignment zwischen der Query (Q) und den Templaten (T) an.
Templat auswählen Wählen Sie ein Templat aus. Achten Sie auf die Abdeckung und die Lage von Indels.
Wie ähnlich sind sich die beiden Sequenzen? Müssen in eine der beiden Sequenzen größere Lücken eingeführt werden?
   
 
Vergleichen Sie das Alignment und das von Ihnen gewählte Templat mit den korrepondierenden Daten aus der Übung HomMod_1.
   
  Das initiale Alignment ist ein kritischer Schritt bei der Homologiemodellierung, er legt für alle Residuen deren lokale Umgebung (Environment) fest. Haben alle Programme dasselbe Templat gewählt und stimmen die Alignments überein?
   
  Falls Sie auf eine Modeller-Lizenz zurückgreifen können, kann ein Homologiemodell berechnet werden.
   
Eingabe für Modeller erzeugen Klicken Sie auf /Results/Model using selection, um die Eingabe für Modeller zu erzeugen.
  Auf der Seite, die mit HHpred - Template Selection überschrieben ist, können Sie die Eingabe für Modeller studieren.

Betrachten Sie die einzelnen Zeilen: Können Sie diese interpretieren? Wo kommen im Alignment Indels vor?
Modellierung starten Klicken Sie nun auf die Taste Forward to Modeller.
Geben Sie den Licence-Key für Modeller ein.

Klicken Sie nun auf Submit Job um die Modellierung zu starten.
Modell abspeichern Mittels 3D-Structure/Download PDB file können Sie den Datensatz lokal abspeichern; hier finden Sie eine Vorhersage, die wie beschrieben errechnet wurde.
 
  Ergeben sich große Unterschiede in den Strukturen? Wo liegen diese Bereiche?
   
Vergleich der Modelle Superpositionieren Sie die Struktur mit der, die von Phyre vorhergesagt wurde. Wie groß ist die Abweichung? Achten Sie auf den RMSD-Wert.
   

Was Sie jetzt verstanden haben sollten

Es gibt eine Vielzahl von Verfahren, mit denen Homologiemodelle berechnet werden können. Voraussetzung für die Anwendung dieser Methode ist die Existenz einer homologen Struktur. Einige Algorithmen sind per Web-Service nutzbar, andere müssen lokal installiert werden.