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Warum ist dieses Wissen wichtig? | Wir haben bisher JSmol
kennengelernt, mit dem DNA- und Proteinstrukturen visualisiert
wurden. Für genauere Untersuchungen von Biomolekülen sind jedoch
Programme mit größerem Funktionsumfang erforderlich. Es gibt eine ganze
Reihe verschiedener "Protein-Viewer". PyMOL ist
ein populäres Tool mit umfangreicher Funktionalität, welches für
akademische Anwendungen kostenfrei zur Verfügung steht. |
Verweis |
Diese Übungen ergänzen die Kapitel 19 "Vergleich von
Protein-3D-Strukturen" und 20 "Vorhersage der
Protein-3D-Struktur, Proteindesign und Moleküldynamik". |
Lernziel |
Nach dem
Durcharbeiten der Übung sollten Sie:
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Voraussetzung |
Um diese Übungen ausführen zu können, müssen Sie sich eine Lizenz besorgen und das Programm installieren. Hier finden Sie Informationen zum Beantragen der Lizenz und zum Download. |
Komplexe Bedienung | Der Einstieg in die Bedienung von PyMOL ist nicht einfach. Daher wurden die auszuführenden Befehle relativ ausführlich beschrieben und illustriert. Mit dieser Übung können Sie sich die Grundlage für eine detaillierte Untersuchung von Proteinstrukturen erarbeiten. |
Übung | ProtVis_1, Erste Befehle |
Programm starten Grafik-Fenster und Menü-Fenster Zum Grafik-Fenster gehören das Anzeigefenster und die Auswahlliste |
Starten Sie nun das Programm. Es erscheint die grafische Benutzeroberfläche, welche aus zwei Fenstern besteht. Der PyMOL Viewer ist das Grafik-Fenster, in dem die 3D-Strukturen dargestellt werden. Es ist wiederum unterteilt in vier Bereiche, wobei uns zunächst nur das Anzeigefenster (links) und die Auswahlliste (oberer Teil recht) interessieren.
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PDB-Datei auf Rechner kopieren |
Strukturdatensätze sind, wie Sie bereits wissen, in
PDB-Dateien zusammengefasst. Ehe Sie mit einem Datensatz arbeiten
können, müssen Sie ihn auf Ihren Rechner kopieren. Falls Sie den PDB-Code der Struktur, die Sie untersuchen wollen, bereits kennen, so können Sie diese auch direkt in PyMOL über Plugin/PDB Loader Service laden. Dabei wird jedoch KEINE Datei auf dem Filesystem angelegt. |
Datensatz laden |
Aktivieren Sie nun das Menüfenster von PyMOL und
benutzen Sie File/Open..., um die
soeben deponierte Datei in den Viewer zu laden. |
Struktur bewegen |
Machen Sie sich nun mit den ersten Befehlen zum Bewegen und
Rotieren der Struktur vertraut. Die Steuerung erfolgt über die
Maus in Kombination mit den drei Maustasten. Bei gedrückter linker Maustaste können Sie die Struktur um die X-, Y- und Z-Achse rotieren. Durch Drücken der rechten Maustaste können Sie die Struktur in Z-Richtung (also senkrecht zur Bildschirmebene) bewegen. Die gedrückte mittlere Maustaste (Mausrad) erlaubt ihnen die Bewegung in der X-Y-Ebene. Eine Zusammenfassung der Maus-Befehle finden Sie im PyMOL Viewer rechts unten. Zusätzlich können Sie über das Main
Pop-Up-Menü (Rechtsklick im schwarzen Hintergrund-Bereich des
PyMol Viewers) /orient (vis) die Struktur automatisch von
PyMOL formatfüllend platzieren lassen. |
Hinweise | Bitte führen Sie die
oben genannten Befehle alle aus, um sich mit der Bewegung des
Moleküls vertraut zu machen. Betrachten Sie das Protein von allen Seiten, suchen Sie nach Tyrosin-Resten, die in das Lösungsmittel zeigen. Um die Struktur wieder in die Ausgangsposition zu überführen, wenden Sie bitte den orient-Befehl an. Diese Befehle sollten Sie in Zukunft immer verwenden, wenn Sie wichtige Details einer Proteinstruktur herausarbeiten wollen. |
Übung | ProtVis_2, Auswahl von Residuen |
Um einzelne Residuen, Sekundärstrukturelemente oder Ketten anzusprechen bzw. auszuwählen, bietet PyMOL mehrere Möglichkeiten. Eine direkte Auswahl von Atomen/Residuen/Ketten geschieht durch Klicken auf ein Atom der entsprechenden Gruppe im Viewer. Auf welcher Auswahlebene Sie sich befinden wird im Mausbefehl-Bereich angezeigt. Sie können durch Klicken auf diese Anzeige durch die Auswahlmöglichkeiten blättern (Residues, Chains, Segments, etc.). Im Moment ist noch kein Residuum ausgewählt. |
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Exklusive Darstellung der Kette A |
Zur Zeit werden noch beide Ketten des Proteins angezeigt, die in der PDB-Datei hinterlegt sind. Wir wollen uns im Weiteren auf Kette A beschränken. Wählen Sie darum nun die Auswahlebene Kette (Selecting Chains) und selektieren Sie Kette B im Viewer mittels Linksklick auf eines der Atome. Ob Sie die richtige Kette getroffen haben, können Sie im Menü-Fenster kontrollieren. Dort werden alle Auswahloperationen, die Sie mit der Maus tätigen, kommentiert. Die letzten zwei Zeilen der Ausgabe sollten in etwa wie folgt aussehen: You clicked /1B9B//B/GLY`654/N Die Ausgabe beschreibt das Atom, welches Sie zur Auswahl geklickt haben. Der Kettenname steht dabei an zweiter Stelle: /1B9B//B/ Falls Sie Kette A selektiert haben, können Sie die
Auswahl durch Linksklick auf den schwarzen Hintergrund aufheben und einen
weiteren Versuch am anderen Ende der Struktur versuchen. In jedem Fall taucht in der Auswahlliste oben rechts im Pymol Viewer ein neuer Eintrag namens (sele) auf. Unter Verwendung dieses Eintrags können Sie zahlreiche Operationen auf diese Auswahl anwenden. |
Wir wollen als nächstes die Atome der Kette B entfernen. | |
Klicken Sie dazu auf das A (für Action) neben (sele) und wählen Sie im Action-Menü die Option remove atoms.
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Einschub: |
In PyMOL steht uns leider keine Undo-Funktion zur Verfügung, so dass manche Aktionen, wie z.B. das Entfernen von Atomen, nicht umkehrbar sind. Stattdessen gibt es aber die Möglichkeit, sogenannte PyMOL Sessions zu speichern und den bisherigen Arbeitsschritte zu sichern bzw. später zu einem gewählten Zeitpunkt zurückzukehren. Unter File/Save Session As... können Sie den aktuellen Bearbeitungszustand des Datensatzes sichern und diesen später über File/Open... wieder laden. |
Sekundärstrukturelement markieren | Wir wollen nun die Auswahl auf Sekundärstrukturelemente eingrenzen. |
Dazu nutzen wir die Möglichkeiten der Kommandozeile, um eine Selektion anzulegen. Der allgemeine Befehl lautet: select Auswahlname, Auswahlkriterien Um die Beta-Stränge der Kette A anzuwählen müssen Sie als Auswahlkriterium die Eigenschaft Sekundärstruktur angeben: select beta, ss s Dabei ist "beta" der Name der Auswahl, den Sie beliebig ersetzen können. Das Argument "ss s" steht für "secondary structure sheet" und selektiert alle Residuen die zu Beta-Strängen gehören. Als weitere Einteilungen stehen h(elix), l(oop) und ""(ohne Zuordnung zu einer Sekundärstruktur) zur Verfügung. Geben Sie nun obigen Befehl auf der PyMol-Kommandozeile ein. Die Atome, welche zur Auswahl gehören, sind jetzt per Quadrat markiert. Allerdings sind die Sekundärstrukturelemente in dieser Darstellung kaum zu erkennen. Deswegen wechseln wir nun in die sogenannte Cartoon-Darstellung. Klicken Sie dazu auf das "S" (für Show) neben "all" in der Auswahlliste und wählen Sie im Show-Menü cartoon. Um die Übersichtlichkeit noch zu erhöhen, deaktivieren wir noch die Lines-Darstellung. Dazu wählen Sie im H(ide)-Menü bei "all" die Option lines. Abschließend heben wir die Beta-Stränge noch zusätzlich hervor, indem wir sie einfärben. Da sich die Änderungen nur auf einen Teil der Struktur beziehen sollen, müssen Sie nun auf das bunte "C" (für Color) in der Zeile (beta) klicken und eine Farbe auswählen.
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Residuum mit Label versehen |
Wir haben nun gelernt, wie Residuen per Kommandozeilen-Befehl und durch Anklicken im Vierwer-Fenster ausgewählt werden können. Zusätzlich können Residuen auch in der Proteinsequenz selektiert werden. Zunächst müssen wir die Sequenz darstellen. |
Sequenz anzeigen |
Klicken Sie dazu auf das "S" (für Sequence) in der letzten Zeile rechts unten im Viewer-Fenster. Über der Proteinstruktur wird nun die Sequenz angezeigt. Die Nummerierung entspricht den Einträgen aus der DB-Datei. Da die erste Aminosäure in der Struktur fehlt, beginnt die Auflistung hier mit 2 bzw. T |
Welche Aminosäure fehlt am Anfang der Sequenz? | |
Die Residuen sind dabei genau so gefärbt wie in der Struktur, somit sollte es Ihnen leicht fallen, die Positionen zu identifizieren, die dem ersten Beta-Strang entsprechen. |
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Welche Positionen umfasst der erste Beta-Strang? | |
Wenn Sie den Scrollbalken, der zur Sequenzdarstellung gehört, ganz nach rechts schieben, sehen Sie hinter der Sequenz zusätzliche Einträge für ein Sulfat-Ion (SO4) und Wassermoleküle(mit einem O angegeben), die ebenfalls in diesem PDB-Datensatz enthalten sind. Selektieren Sie nun das Residuum VAL24 und versehen Sie es mit einem Label. Klicken Sie dazu auf das "L"(abel) der Selektion (sele) und wählen Sie die Option residues. Lassen Sie sich dieses Residuum in der Stick-Darstellung anzeigen. |
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Erweitern und Löschen von Gruppen |
Um eine größere Menge von Residuen auszuwählen, müssen diese nur angeklickt werden. Sie werden automatisch zur Selektion (sele) hinzugefügt. Allerdings ist die Cartoon-Darstellung dafür ungeeignet, da ein Residuum dann ausgewählt wird, wenn eines seiner Atome getroffen wurde und diese in der Cartoon-Darstellung nicht angezeigt werden. Stattdessen können Sie auf Residuen-Ebene eine erweiterte Auswahl erstellen, indem Sie in der Sequenz-Zeile mehrere Positionen anwählen. Diese werden, wie oben, automatisch zur Auswahl hinzugefügt. Um zwei oder mehr Selektionen gleichzeitig erstellen zu können, muss die (sele) Auswahl umbenannt werden, da sie sonst überschrieben wird. Dazu müssen Sie im A(ction)-Menü die Option rename selection ausführen und einen neuen Namen eingeben. |
Erstellen Sie zwei Selektionen strand2 und strand3, welche den zweiten bzw. dritten Beta-Strang umfassen. | |
Um eine bestehende Auswahl zu verwerfen, wählen Sie entsprechend die Option delete selection. Dabei wird nur die Auswahl aufgehoben. Die Atome werden nicht gelöscht. | |
Darstellung mehrerer Strukturen |
In einer PyMOL-Sitzung können mehrere PDB-Dateien geladen werden, um z. B. Strukturen zu vergleichen oder zu superpositionieren (überlagern). Oft sollen nicht alle Strukturen gleichzeitig dargestellt oder bewegt werden. Daher können in der Auswahlliste einzelne Strukturen an- oder abgewählt und somit die Darstellung kontrolliert werden. |
Laden Sie die weitere Struktur 1HTF in den Viewer. | |
Verwenden Sie dazu den PDB Loader Service (Plugin/PDB Loader Service) und den PDB-Code 1THF. Dieser kommunizert direkt mit der PDB-Datenbank. Nach dem Laden überlagern sich beide Strukturen zum Teil. Sie können nun in der Auswahlliste durch Klicken auf den Strukturnamen die Darstellung der Strukturen aus- und einschalten. | |
Superpositionieren | Zum Superpositionieren der Strukturen eignet sich
der PyMOL-Befehl align.
Aktivieren Sie zunächst mit S(how)/as/cartoon
in der Zeile all die
Cartoon-Darstellung für beide Proteine. Geben Sie anschließend den Befehl align 1B9B, 1THF in die Kommandozeile ein. Sie sehen nun die Überlagerung der beiden Strukturen. Besitzen sie einen gemeinsamen Faltungstyp? |
Übung | ProtVis_3, Erstellen von Bildern |
PyMOL eignet sich nicht nur zum Betrachten von 3D-Strukturen, sondern aufgrund der eingebauten Raytracing-Funktionalität auch zum Erstellen von Abbildungen für Vorträge und Veröffentlichungen. Entfernen Sie zunächst die 1THF-Struktur über A(ction)/delete object. Suchen Sie anschließend eine Ansicht für 1B9B, in der der Aufbau des Proteins aus Sekundärstrukturelementen gut sichtbar ist. Wenn Sie eine gewünschte Darstellung gefunden haben, so können Sie mittels File/Save Image As/PNG... die aktuelle Ansicht im Viewer speichern. Die Standard-Darstellung in PyMOL eignet sich allerdings in den seltensten Fällen für qualitativ ansprechende Bilder. Zum einen ist es meist vorteilhaft, die Hintergrundfarbe von schwarz auf weiß zu ändern. Dies erreichen Sie über Display/Background/White oder den Befehl bg_color white in der Kommandozeile. Wählen Sie nun für eine Struktur die Darstellung spheres und färben Sie sie einheitlich in einer Farbe ihrer Wahl. Speichern Sie die aktuelle Ansicht als PNG-Datei. Um die Qualität der Abbildung zu erhöhen verwenden wir jetzt das Raytracing-Modul. Klicken Sie dazu auf den Ray-Button im Menüfenster. Nach Ende der Berechnung sehen Sie nun das verbesserte Bild. Klicken Sie nun NICHT mehr in den Bildbereich, da sonst die Ergebnisse verworfen werden und PyMOL zur Standarddarstellung zurückkehrt. Speichern Sie wiederum die Ansicht und vergleichen Sie beide Bilder. |
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Übung | ProtVis_4, Messen von Abständen |
Im Menü Wizard bietet der Befehl Measurement die Möglichkeit Abstände und Winkel in der Struktur zu messen. Versetzen Sie zunächst PyMOL zurück in den Startzustand mittels File/Reinitialize. Laden Sie anschließend diese PyMOL-Session. Starten Sie nun die Messmethode unter Wizard/Measurement. Standardmäßig ist die Abstandmessung aktiviert. Klicken Sie auf zwei Atome, deren Abstand Sie bestimmen möchten. Es wird die Verbindungslinie und der Abstand (in Angström) angezeigt. Falls die Labels nicht sichtbar sind, ändern Sie bitte die Farbe der Labels mit set label_color, yellow. |
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Zum Beenden des Distance Wizards klicken Sie auf die Done-Taste. |
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Supersekundärstruktur darstellen | Wir wollen nun die Supersekundärstruktur des Proteins genauer untersuchen. Wechseln Sie hierzu wieder zurück zur Cartoon-Darstellung. Zentrieren Sie das Molekül und rotieren Sie es, um die Topologie gut untersuchen zu können. Es ist für die Betrachtung hilfreich, die Sekundärstrukturelemente unterschiedlich einzufärben C(olor)/by ss. |
Begründen Sie, weshalb das Protein eine (βα)8-Fass Topologie besitzt. |
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Lage bestimmter Aminosäuren untersuchen |
Das Fluoreszenzsignal von Tryptophan-Residuen ist davon
abhängig, ob sie Wasser (dem Lösungsmittel) ausgesetzt sind, oder im Inneren von
Proteinen liegen. Wir wollen die Lage solcher Reste in diesem Protein
untersuchen. select tryptophans, resn trp Lassen Sie sich die ausgewählten Residuen in der Sticks-Darstellung anzeigen und färben Sie die Tryptophane mit einer auffälligen Farbe ein. |
Studieren Sie
anschließend die Lage der Seitenketten: Was schließen Sie für das zu erwartende Fluoreszenzsignal? |
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PyMOL Demos |
Um einen tieferen, aber keineswegs erschöpfenden Einblick in die Funktionalität von PyMOL zu ermöglichen, bietet das Programm einige Demonstrationsfälle, welche Sie im Menü Wizard/Demo finden und ausprobieren können. |
Was Sie jetzt verstanden haben sollten |
Viewer wie PyMOL sind mächtige Werkzeuge, um Makromoleküle in atomarer Auflösung zu untersuchen. Grundlage sind Datensätze, die in Datenbanken wie der PDB deponiert werden. |